An einem Mittwoch im November

Josef Dahlem (links) und Alfred Gelhard Sen. bei der Errichtung einer Feuerstelle am Buß- und Bettag nahe der Landshube, um 1930.

Einmal im Jahr konnte man mitten in der Woche an vielen Stellen rund um die Landshube Qualm aufsteigen sehen. Überall hörte man fröhliche Stimmen und der verlockende Duft von „Abgekochtem“ stieg einem in die Nase. Es war wieder einmal Buß- und Bettag, ein gesetzlicher Feiertag immer an einem Mittwoch, vor dem letzten Sonntag im Kirchenjahr. Junge Leute, Familien und Vereine zogen oft mit einem Leiterwagen („mim Wöhnsche“) in den angrenzenden Wald. Auf einer Linie zwischen dem „Flürchen“ in Höhr-Grenzhausen, der „Landshube“, dem „Krummen Esel“ und dem „Gashäuschen“ an der Straße von Baumbach nach Dernbach, errichteten sie aus Ästen und Holzblöcken gemütliche Feuerstellen. Nach dem Motto „heute wird abgekocht, egal bei welchem Wetter“. Bei der feuchtkalten Witterung im November war das alles nicht so einfach, doch die mitgebrachten Getränke im Leiterwagen gaben allen Beteiligten die nötige Zuversicht auf einen unvergesslichen Tag.

Otmar Menne beschreibt in seinem Artikel ausführlich die Entwicklung des Buß- und Bettages und dessen Bedeutung für die Dorfbevölkerung von Hillscheid (Menne, Otmar, „Buß- und Bettag – für die Hillscheider weder Buß- noch Bettag“, Jahrbuch des Westerwaldkreises „Wäller Heimat“, 2000, S. 89-92). 1893 wurde dieser evangelische Feiertag vom protestantischen Preußen als gesetzlicher Feiertag eingeführt. Ein neuer Feiertag, mitten in der Woche, das passte der überwiegend katholischen Bevölkerung ganz und gar nicht, und viele sahen darin eine Einmischung der neuen evangelischen, rechtsrheinischen Regierung in ihre katholischen Traditionen.

Einige katholische Ortschaften haben somit den neuen arbeitsfreien Tag in Gedenken an bestimmte Ereignisse genutzt, (z.B. die Hillscheider an die Grausamkeiten des Dreißigjährigen Krieges). Die Baumbacher Feuerwehr traf sich ebenfalls gemeinsam zum Abkochen als Dankeschön für ihren selbstlosen Einsatz. Andere feierten an diesem Tag auch ohne bestimmten Grund. Man ging halt in den Wald. Im Laufe der Jahre rückte der konfessionelle Unterschied immer mehr in den Hintergrund, und ohne Zweifel gesellten sich auch Bürger der vorwiegend evangelischen Orte Grenzhausen und Hilgert hinzu. Bis auf eine Unterbrechung (von 1939 – 1945 verlegte das NS-Regime diesen Feiertag auf einen Sonntag) pflegte man die „Mittwoch-Tradition“ bis zum Jahr 1994. In diesem Jahr wurde der Feiertag zur Finanzierung der neu eingeführten Pflegeversicherung abgeschafft. Für alle? Nein, seit 25 Jahren ist dieser Mittwoch nur noch in Sachsen ein gesetzlicher, evangelischer Feiertag, als einziges rein evangelisches Fest.