Die Jagd

Die Ausübung der Jagd rund um den Hof Landshube spielt aufgrund der vorteilhaften Lage im Waldgebiet schon über Jahrhunderte eine wichtige Rolle. Wahrscheinlich schon vor der kurtrierischen Zeit, in der die Versorgung des Hofes mit Wildbret und Fisch einen hohen Stellenwert besitzt. Später, im Herzogtum Nassau, ist das Jagdrecht noch stärker feudal ausgeprägt. Aufgrund der Jagdleidenschaft der Herzöge entstehen exklusive Jagdbezirke, sogenannte „Leibgehege“. Hier übt nur der Herzog mit seinen Jagdgästen oder der Fürst zu Wied in seinem Leibgehege die Jagd aus. Einige andere Gebiete werden vom Herzogtum Nassau auch verpachtet, vorzugsweise an Forstbeamte. Der Begriff „Gehege“ bedeutet hier eine Abgrenzung des Gebietes mit jagdrechtlichem Sonderstatus, also ohne Gatter, lediglich eine Grenze, ähnlich wie das „Landshuber Geheeg“ oder die „Gebückswiese“.

Der leidenschaftliche Jäger und Pferdeliebhaber Herzog Adolph I. von Nassau bezieht während seiner Jagdausübung im westlichen Bereich der Montabaurer Höhe das erste Stockwerk der Landshube, auch ein Pferdestall wird für ihn in einem Pachtvertrag (bitte klicken) mit dem damaligen Förster Heinrich Schmidt reserviert. Nach der Eingliederung vom Herzogtum Nassau in den preußischen Staatsverband im Jahr 1866, verlässt Herzog Adolph das Land, und große Teile der Waldgebiete übernimmt die „Kölner Jagdgesellschaft“, ein Konsortium finanzkräftiger Industrieller. Ende der 50er Jahre ist zum Beispiel der „Jägermeister“- Hersteller Curd Mast aus Wolfenbüttel Pächter der Jagd rund um das Jagdhaus Kehrwieder auch „Herzogs Häuschen“ genannt.

Das Auerhuhn

Im Westerwald werden im 19. Jahrhundert auch Vorkommen von Auerhühnern beschrieben. Bereits das feudale Jagdwesen im Herzogtum Nassau räumt dem Auerhuhn eine Sonderstellung ein, indem es den Vogel zum Bestandteil der „Hohen Jagd“ deklariert. Diese bezieht sich auf die Unterscheidung der jagdbaren Wildarten in „Hochwild“ und „Niederwild“ (bitte klicken), um 1780 auch „großes und kleines Waidwerk“ genannt. Noch heute zählt das Auerhuhn zum Hochwild. Bereits zur kurtrierischen Zeit lebt das Auerwild in den Wäldern des Westerwaldes, wie es ein 1763 ausgestelltes Jagdpatent für Herschbach und das Amt Grenzau belegt (Vgl. Michel, Fritz, Forst und Jagd im alten Erzstift Trier, 1958).

Die vom Auerhuhn besiedelten Wälder sind ursprüng­lich reine Laubwälder. Auffallend ist auch der damals hohe Flächenanteil der Erlenwälder, von dem heut­zutage keine Vorstellung mehr zu gewinnen ist. Im Unterwuchs dieser Wälder dominiert das Heidekraut und die Heidelbeere, daneben auch die Stechpalme. Einen solchen Bewuchs finden wir heute noch nordwestlich der Landshuber Weiher, rund um eine kleine Kiesgrube im ehemaligen Wiedischen.

Landshuber Heidekrautflächen
Die Heidekrautflächen nordwestlich der Landshuber Weiher existieren heute noch.

In Gebieten westlich der Montabaurer Höhe, bei Hillscheid, ist sogar eine intensive wirtschaftliche Nutzung der Heidelbeere belegt. Die Beeren werden von Hillscheider Bürgern zentnerweise auf den Koblenzer Märkten verkauft. Daher stammt der Spitzname „Hillscheider Bären“, der sich in Wirklichkeit von dem Begriff „Beeren“ ableitet und sich im Laufe der Zeit in einen „Bär“ verwandelt hat. Realistischer ist da schon die Keramikfigur „Worbelsfrau“ in der Ortsmitte von Hillscheid, die ihre gesammelten Heidelbeeren (Worbel) präsentiert.

Ab etwa 1820 legt man einen größeren Wert auf eine intensivierte forstwirtschaftliche Nut­zung. Die verstärkte Anpflanzung der Fichte und die Ausbildung von sogenannten Alterklassen-Beständen, drängen die starken Heidelbeervorkommen als wichtige Nahrungsgrundlage der Auerhühner zurück. Herzog Adolph I. von Nassau erlegt 1865 nahe Höhr einen Auerhahn (Stadt Archiv Ransbach-Baumbach, Notiz von Dr. Franz Baaden, unsortierter Bestand Wald und Forst). Im Bereich der Montabaurer Höhe zählt man letztmals 1866 die Auerhahnbestände zur Balzzeit. Das letzte Stück Auerwild wird wahrscheinlich 1901 im Distrikt „Kanonenbruch“ der Oberförsterei Neuhäusel erlegt. (Vgl. Kunz: Historische Verbreitung, Bestand und Aussterben des Auerhuhns im Westerwald, Fauna Flora Rheinland-Pfalz 10: Heft 2, Landau, 2004, S.509-526).

Das Rotwild

Die Landshube mit ihren Wiesen und den sie umschließenden Waldgebieten gilt schon seit langer Zeit als sogenanntes Rotwild-Kerngebiet. Das heißt, wir haben rund um die Gebäude der Landshube mehr oder weniger regelmäßige und dauerhafte Einstände von Rotwild zu verzeichnen. Die Regelmäßigkeit hängt nicht zuletzt von einer fachmännisch guten Pflege der Wiesen als Äsungsflächen ab.

Der Landshuber Revierförster Hubert Stoffels und Tochter Gertrud mit erlegtem Hirsch im Staatswald Abt.176 auf der heute noch existierenden Wiese im Gebiet des „Vorderen Zipfen“, 1923. (Foto : Familie Stoffels)

Der Bau der Autobahn A 48 (bitte klicken) bleibt für das Wild nicht ohne Folgen. Sie bedeutet für das Rotwild, Schwarzwild und auch Rehwild gleichermaßen, eine gefährliche Trennung von den Feldern und Wiesen zwischen dem Landshuber Wald und dem Ort Baumbach. Es kommt zu schlimmen Unfällen mit Hirschen, und teilweise werden ganze Wildschwein-Rotten von LKWs überrollt. Erst später baut man entlang der Autobahn auf beiden Seiten Wildschutzzäune.

Eines von vielen Wildopfer der A 48 mit meinem Bruder Wolf-Jürgen.

Förster Hans Groß mit einem jagdlich geführten Rauhaarteckel aus dem eigenen Zwinger „Von der Landshube“ (bitte klicken).

Meine Mutter Irmgard Groß

Während der damals noch wesentlich strengeren Winter, wird unter anderem mit Rüben beigefüttert, was hauptsächlich vom Rotwild sehr stark angenommen wird. Das erkennt man an den zahlreichen Fährten aus allen Richtungen. Das gesättigte Wild verursacht somit auch weniger Schälschäden in jungen Beständen in denen das Rotwild während des Tages verweilt.

Blick nach Westen aus dem Schlafzimmerfenster auf die zahlreichen Rotwildfährten.

Forstamtmann Hans Groß mit Enkelin Julia Groß beim Beobachten des austretenden Rotwildes bei noch hellem Licht. Beide befinden sich am westlichen Schlafzimmerfenster der Landshube.

Julia Groß mit Hirsch
Auch Tochter und Enkelin Julia Groß ist mit der Rotwildjagd aufgewachsen.

Das Muffelwild

Das Muffelwild, auch Mufflonschafe genannt, wird in den 50er Jahren auf der Montabaurer Höhe ausgesetzt. Der eher ungeeignete, wenig felsige Untergrund der Waldflächen ist die Ursache für die Schalenfäule der Tiere. Immer wieder kann man lahmende Tiere beobachten. Seit 1975 treffen wir seltsamerweise kaum noch Schafe mit den Symptomen. Auf den gut gepflegten Landshuber Wiesen stellen sich Mufflons ganz selten ein. Heute finden wir auf der gesamten Montabaurer Höhe keine Mufflonschafe mehr. Im Herbst 2008 wird zum letzten Mal ein Schaf gesichtet. Hans Groß gibt in seinen Anmerkungen zum Muffelwild nähere Informationen.

links: Hans Groß mit im Revier erlegten Mufflon, rechts: Leo Göttlicher mit seinen Töchtern und Detlef Groß am Jagdhaus Kehrwieder

10. März 1996 Anmerkungen von Forstamtmann A.D. Hans Groß zu einem Artikel: „Bewirtschaftung des Muffelwildes“ vom 17.03.1995 im Forstrevier Jägerpfad.

„Ich kam am 01.9.1958 zum Forstrevier Landshube, Forstamt Neuhäusel, dessen Staatswald ebenfalls im Kerngebiet der Montabaurer Höhe lag. Später wurde der größte Teil vom Staatswald  des Forstreviers Jägerpfad  meinem Revier zugeschlagen. Da der Weg von meinem Forsthaus zum Forstamt durch den Stadtwald Höhr-Grenzhausen und Staatswald Jägerpfad führte, konnte ich die Entwicklung des Muffelwildes genau verfolgen. Schon Anfang Oktober 1958 sah ich während einer  Fahrt zum Forstamt im Stadtwald Höhr-Grenzhausen  Mufflon. Oft beästen sie die Wegränder und hielten den vorbeifahrenden Wagen aus. Die dunkle Färbung und das Fehlen des Sattelfleckes war auffallend. Die Färbung wird schon von Dr. Hoefs (in: Z. f. Jagdw. Band 28/2 Seite 104) aus dem Battenberg angrenzenden Gebiet in Nordrhein-Westfalen beschrieben und als Schwärzlinge bezeichnet. Es ist schade, dass die Herkunft jener, durch den Jagdpächter Mast (Jägermeister, Jagdhaus Kehrwieder) zugeführten Stücke sich nicht feststellen lässt. Dass das von Herrn Mast ausgesetzte Wild, insbes. das Schaf und das Lamm sich nicht an ein Rudel angeschlossen hätte, möchte ich bezweifeln, zumal sich die Rudelzusammensetzung laufend veränderte, und das Revier von Herrn Mast auf einer Länge von über 2 km unmittelbar an den Staatswald Jägerpfad angrenzte. Etwa ab 1975 änderte sich das Schalenproblem. Man sah nur noch selten ein lahmendes Mufflon, während die Anzahl der Einwachser immer sehr hoch geblieben ist. Außer in einem 1967 von Herrn Oberforstmeister Reiber gehaltenen Referat, fand das Muffelwild auf den Rotwildringversammlungen kaum Beachtung. Hegemaßnahmen, wie der Abschuss schwacher Widderlämmer wurden den Jägern nicht nahegebracht. Ich kann mich nicht entsinnen, je Trophäen von Widderlämmern auf den Trophäenschauen gesehen zu haben. Als der zweite Widder mit Ophion-Schnecken 1993 auf der Tophäenschau gezeigt wurde, fand er keine Beachtung. Auf der Rotwildringtagung 1978 wurde festgestellt, dass im vorhergehenden Jahr der Abschuss nur zu einem geringen Maß erfüllt wurde. Eine Umfrage ergab, dass der Mufflonbestand durch zu hohe Abschüsse sehr stark reduziert war. Es wurde eine totale Schonung bis 1982 beschlossen. Im Revier Jägerpfad war keine Äsungsfläche angelegt, womit erst etwa 1980 begonnen wurde. Durch die Erfahrungen im Revier Landshube wurden im ehemaligen Jägerpfad nur Wildwiesen eingesät. In Zusammenarbeit mit Rainer Schmidt, einem landwirtschaftlich hervorragend ausgebildeten Grünland-Landwirt aus Baumbach, und später auch mit unterstützender Beratung von Herrn Dr. Klöcker, Fachmann für Grünland der Landwirtschaftskammer in Emmelshausen (Hunsrück), ließ ich 5 Wildwiesen mit der Mischung Borler II für mittlere Höhenlagen einrichten. Diese Mischung ist identisch mit der in dem Buch von den Herren Dr. Ueckermann und Scholz auf Seite 95 beschriebenen Standardmischung II. Diese Wiesen bedürfen einer sehr intensiven Pflege, sowohl der Düngung in mehreren Gaben bis 200N, als auch durch das gezielte Nachsäen von Gräsern. Die Größe variierte zwischen 0,12 ha bis 0,5 ha. Fast alle Flächen wurden so stark von Muffelwild bei Tag und Rotwild bei Nacht angenommen, dass die große Fläche mehrmals zur Schonung der Grasnarbe nach der Düngung für ca. 2. Wochen gegattert werden musste. Nach dem Aussetzen der intensiven Pflege verschwanden die eingesäten Grasarten in kürzester Zeit. Während bei voller Düngung und Pflege zu jeder Tageszeit Muffelwild, teilweise in großer Stückzahl, auf den Flächen gesehen wurden, ist es nach fehlender Pflege der Wiesen dort selten anzutreffen (Aussage des jetzigen Stelleninhabers). Jährlich erschienen, etwa seit 1984, im Mai zwischen 50 und 60 Mufflon auf einer über 4 ha großen, etwa 1m hohen Fichtenkultur und blieben so lange, bis sämtliche jungen Triebe abgeäst waren. Dabei stellten sich einzelne Tiere auf die Fichten, um alle Triebe erreichen zu können. Zum Schluss blieb nur noch das kurzzeitige Gattern, bis sich Terminaltriebe bilden konnten. In dem Revierteil am Forsthaus Landshube befinden sich drei Wildwiesen. Zwei im Revier mit 0,8 ha u. 0.12, ha, sowie eine mit ca. 6 ha direkt am Forsthaus, die zur Hälfte auch mit der oben genannten Grasmischung eingesät sind. Mufflon haben sich auf der großen Fläche nicht eingefunden, während  sie von teilweise bis zu über 100 Stück Rotwild beäst wurden, die oft bei vollem Büchsenlicht auf die Flächen austraten.“

Der gesamte nördliche, kieshaltige Bereich der Landshube ist die Heimat vieler Wildkaninchen. Auch der ein oder andere Dachs nutzt den kiesigen Untergrund, um sich einen Bau mit Gangsystemen zu graben. Verlassene Dachsbauten sind wiederum bei Füchsen sehr beliebt. Hasen werden rund um die Landshube nur sehr selten beobachtet. Das gleiche gilt für Rehwild. Schwarzwild zieht immer wieder einmal rastlos durch die Landshuber Wald- und Wiesenflächen. Dieser Zustand hat sich schon unmittelbar nach der Trennung von den Baumbacher und Hilgerter Nutzflächen durch den Zaunbau entlang der A 48 eingestellt.

Förster Hans Groß erlegt zwei Fischreiher mit einem Schuss = „Doublette“.

Fischreiher kann man heute noch im Bereich der Landshuber Weiher beobachten. Sie stehen meist einzeln im seichten Wasser und warten geduldig auf Beute.

Auszüge aus der Chronik von Dr. Elmar Dreymann, Sohn des Landshuber Försters Clemens Dreymann über die Jagd rund um die Landshube zwischen 1947 und 1958:

1947 herrschte noch Besatzungsrecht. Die Franzosen hatten im Revier ein Sägewerk eingerichtet, in dem die frisch geschlagenen Fichten zu Brettern zersägt wurden, von wo auch der Abtransport erfolgte. So entstanden riesige Abtriebe, die erst nach und nach aufgeforstet werden konnten, natürlich meistens wieder mit schnellwachsenden Fichten. Auch bei der Jagdausübung hatten die Franzosen noch das Sagen. Für die Offiziere waren nur die Trophäen des Rotwildes von Interesse. Die Wildschweine wurden nur ausnahmsweise bejagt, sodass sie zu einer Plage wurden.“

 „Im Jahr 1947 beteiligten die Franzosen deutsche Förster an der Jagd auf Wildschweine, die den deutschen Schützen ausgehändigten Gewehre mussten aber nach der Jagd wieder zurückgegeben werden, so beschreibt es mein Vater in einem Brief aus dieser Zeit.“

 „In der Rückschau verfestigt sich mein Eindruck, dass die Jagd keine besondere Rolle gespielt hat. Zwar hing im Büro meines Vaters immer eine geladene Flinte am Haken, zur Sicherheit mit geöffnetem Schloss, die er auf den Dienstgängen während der Jagdzeit auch mit sich führte. Das Revier war aber arm an Niederwild. Nach meiner Erinnerung kam Fasan und Rebhuhn nicht vor.“

 „Männliches Rotwild hat mein Vater auf der Landshube nicht geschossen. Möglicherweise wurde dieses aufgrund des Kahlschlages durch die Franzosen zunächst nicht freigegeben. In der zweiten Hälfte unseres Aufenthaltes hatte sich der Rotwildbestand gut erholt, und wir konnten regelmäßig beobachten, dass sich ein Rudel von 5 bis 6 Stück, den neuen Zaun ignorierend, auf unseren Weiden zur Äsung einfand.“

Im November 2019 werden im Zuge eines Waldflächentauschs Jagdbezirke dem Staatforst Neuhäusel überschrieben, die über Jahrhunderte im Besitz der Fürstenfamilie zu Wied waren. Aus historischer Sicht ein absolut bemerkenswertes Datum!

Der Staatswald rund um die Landshube mit den 2019 hinzugekommenen, ehemaligen wiedischen Gebieten (Fürstlich-Landshube).
Seit dem 26.07.2021 gehört die Landshube zum „Forstrevier Wirges-Landshube“.