Die Geschichte des Hofgutes und Forsthauses Landshube
Die Buche, die keine Buche ist.
Unmittelbar am Landshuber Parkplatz befindet sich dieser markante Baum an der Spitze einer Weggabelung. Der linke Weg führt zum Forsthaus, der rechte zu den Landshuber Weihern. Die beiden Fotos stammen aus dem Jahr 2018, vor den radikalen Fichtenabtrieben.
Förster Hans Groß, der von 1958 bis 1990 im Forsthaus Landshube lebte, hat Anfang der 80er Jahre diesen Baum bewusst an diese Stelle gepflanzt. Er sollte in einigen Jahrzehnten mit seinem markanten und imposanten Aussehen die Besucher des „Landshuber Waldes“ willkommen heißen und auf die Notwendigkeit hinweisen, in Zukunft den Fokus auf eine abwechslungsreiche Bepflanzung unserer Wälder mit robusten Baumarten zu richten. Was ihm damals schon in vielen Teilen seines Reviers gelungen ist. Heute erkennen wir noch Flächen mit Bergahorn, Roteichen und vereinzelt auch die Pazifische Edeltanne oder Mammutbäume, Douglasien, Riesen-Küstentannen und Hemlocktannen, die sich in unmittelbarer Nähe des Forsthauses befinden.
Bei diesem auffälligen Laubbaum handelt es sich um eine Hainbuche (Carpinus betulus). Den meisten Menschen ist die Hainbuche als Heckenpflanze bekannt, da man sie aufgrund ihrer Triebfreudigkeit sehr gut in Form schneiden kann. Hecken aus Hainbuche kamen im 18. Jahrhundert in Mode und begrenzen heute noch so manches Wohngrundstück. Daher auch der Name „Hain“, der aus dem althochdeutschen „Hag“ stammt und so viel bedeutet wie „Gehege“ oder „Einzäunung“. Siehe auch „Landshuber Geheeg“ im Zusammenhang mit der als „Gebück“ (bitte klicken) bezeichneten, grabenförmigen Abgrenzung, deren Wall mit gebogenen Hainbuchen bepflanzt ist. Tatsächlich ist die Hainbuche gar keine Buche, sondern gehört vielmehr zur Familie der Birkengewächse, sie ist nicht einmal mit der Buche verwandt. Lediglich die äußerliche Ähnlichkeit mit der Rotbuche (Fagus sylvatica), wie die Größe, die glatte, silbrig-graue Rinde, die Form und das Muster der Blätter hat zu dieser Bezeichnung geführt.
Der Begriff „Rotbuche“ wird oft verwechselt mit der „Blutbuche“ oder „Purpurbuche“, die rote Blätter trägt. Der Farbunterschied ist durch eine Mutation zustande gekommen. Sowohl die grünblättrigen als auch die rotblättrigen Buchen sind „Rotbuchen“. Der Grund für diese Sammelbezeichnung ist das leicht rötliche Holz, das alle Buchenarten aufweisen.
Mittelerde: wie bei den Hobbits im „Auenland“
Anders als das rötliche Holz der Rotbuche, ist das Hainbuchenholz fast weiß und sehr viel härter als das Buchenholz. Daher nennt man die Hainbuche auch „Weißbuche“ oder „Steinbuche“, also so hart wie Stein. Sie hat das härteste Holz Europas. Beim Betrachten dieser Hainbuche folgen die Augen dem sich aus Wurzelanläufen bildenden Drehwuchs des Baumstammes mit Spannrückigkeit. Unter dem Begriff Spannrückigkeit versteht man das Phänomen, dass der Stamm keinen kreisrunden, sondern einen unregelmäßigen Querschnitt besitzt, der durch tiefe Furchen und Wülste gekennzeichnet ist. Wie ein Baum aus dem „Auenland“, der Heimat der Hobbits in Neuseeland.
Im Gegensatz zur Buche, deren Früchte wir als Bucheckern kennen, trägt die Hainbuche als Birkengewächs sogenannte „Flügelnüsse“. Dabei handelt es sich um ca. 1 cm lange Nüsse, die jeweils von einem dreiflügeligen Blatt umhüllt sind. Die Blütezeit ist zwischen April und Anfang Juni. Die Abbildungen zeigen die für Birken typische Blüten in Form eines „Kätzchens“. Die Hainbuche entwickelt weibliche und männliche Knospen, ist somit einhausig und benötigt für die Befruchtung keine andere Hainbuche in ihrer Nähe.
Die ca. 1 cm langen „Flügelnüsse“ sind jeweils von einem dreiflügeligen Blatt umhüllt.
Auffallend ist die im Bereich der Hainbuche vorkommende rote Erde, die im Rahmen der in 2021 durchgeführten Wegearbeiten an vielen Stellen aufgeschlossen wurde. Es handelt sich um eisenhaltige, rote Farberde, ein Gemenge aus fein verteiltem Hämatit mit Ton. Hämatit ist normalerweise undurchsichtig. Durch die Verwitterung während eines heiß-trockenen Klimas, wie es im Erdzeitalter des späten Tertiärs (vor ca. 10 Mio. Jahren) herrschte, kommt es zu einer Rotfärbung. Die Oxydation des Eisengehaltes bei geringer Feuchtigkeit ist also für die rote Färbung verantwortlich. Dieses Gestein nennt man daher auch Roteisenstein oder Bluteisenstein. Bei entsprechend hohem Eisengehalt sind die Farberden den Eisenerzen zuzuordnen.
Eisenhaltige, rote Farberde (Hämatit) stammt aus zwei Eisenerzgruben (Tagebau). In unmittelbarer Nähe befand sich die Belehnung „Freudenberg“, weitere Vorkommen findet man auch etwas weiter nordwestlich der Hainbuche. Sie wurde in der früheren Grube „Wüstwiese“ gefördert. Das ist das Gebiet südlich der Hochstraße, wo diese auf die Landstrasse (L307) nach Hilgert stößt. Dieser Bereich wird von der einheimischen Bevölkerung aufgrund der dort vorkommenden roten Erde auch „An der rut Farf“ genannt. Hämatit ist ein wichtiges und zudem ungiftiges Pigment. Schon in der Altsteinzeit wurde es für Höhlenmalereien und zur Körperbemalung verwendet. Die Eignung dieser Farberde zur Bemalung von Keramiken ist naheliegend. In Farbmühlen (bitte anklicken) wurde das abgebaute Gestein weiter verarbeitet. Die alten Gebäude einer Farbmühle sind im Brexbachtal bei Höhr-Grenzhausen noch sehen.
Ein etwas jüngeres Exemplar einer einzelnen Hainbuche habe ich in Höhe des ersten Landshuber Weihers entdeckt. Schön zu sehen ist der deutliche Drehwuchs und die Spannrückigkeit.